Eine kleine Chronik

Home Impressum

Der Wetzlarer Dombau-Verein e.V.

Partnerschaft für historische Kirchen

Historische Bauwerke, zu denen an vorderster Stelle historische Sakralbauten, also Kirchen, Kapellen und Klöster zu zählen sind, unterliegen unterschiedlichen Einflüssen, die den Baubestand beanspruchen und zum Teil auch gefährden. Alle beim Bau verwendeten Materialien erleiden natürliche Veränderungen, aber selbst bei schonender bestimmungsgemäßer Nutzung eines Bauwerks gilt hier der Grundsatz, dass jeder Gebrauch zwangsläufig den Verbrauch einschließt. In historischer Zeit war die Verwendung offener Flammen und glimmender Materialien – Kerzen und Weihrauch - mit entsprechender Rauch- und Rußentwicklung in den Kirchenräumen selbstverständlich. In den in aller Regel nicht beheizbaren Kirchenräumen kam es bei Gottesdiensten durch die Atemluft der versammelten Menschen zu kurzzeitigen starken Feuchtigkeitseinträgen und entsprechenden Kondensationserscheinungen an Mauern und Fenstern. Als seit dem späten 19. Jahrhundert Heizungen in Kirchen eingebaut wurden, traten andere Schäden auf: Starke, kurzzeitige Temperaturwechsel führten vor allem an Holzobjekten und Tafelbildern zu Spannungs- und Schrumpfungsprozessen, aber auch Kirchenfenster wurden in Mitleidenschaft gezogen. Zur naturgemäßen Abnutzung von Fußböden, Türen und Mobiliar konnten Veränderungen am Baukörper wie Erweiterungen, aber auch stilistische Geschmacksumbrüche hinzu treten. So hat z. B. die Barockisierung vieler Kirchen im 17. und 18. Jahrhundert nicht nur zum Verlust älterer Kunstwerke und mittelalterlicher Glasfenster, sondern oft auch zu Eingriffen an Dachstühlen und Gewölben geführt, die das "modernisierte" Erscheinungsbild des Kircheninnern meist nicht erkennen ließ.


Das Marienportal in der Westfront
Fotografie mit graphischen Retuschen,
Wetzlar, um 1850

Die Liste solcher Schadensursachen wäre unvollständig, wollte man nicht neben Fehlern und Verfehlungen in der Planung und Bauausführung, vor denen auch historische Bauwerke nicht verschont waren und sind, auch die veränderten Umwelteinflüsse erwähnen. Sie wurden verstärkt seit der Industrialisierung in der Mitte des 19. Jahrhunderts wirksam und müssen in einer Stadt wie Wetzlar mit ihrer traditionellen Eisenherstellung und -verarbeitung jedenfalls neben dem zunehmenden Autoverkehr als Schadensursache am Außenmauerwerk des Wetzlarer Doms berücksichtigt werden. Das Schlagwort vom "sauren Regen", aber auch die Verwendung des wenig witterungsbeständigen Schalsteins für die Außenmauern verweist auf zwei Gründe für die in immer kürzeren Abständen erforderlichen Sanierungen der Kirche.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen auch äußere Ereignisse wie Kriegszerstörungen oder Nutzungsänderungen in der Folge kriegerischer Ereignisse, so die Verwendung von Kirchen als Lazarette, Munitionsdepots oder Stallungen. Ebenso verständlich wie irrtümlich ist daher die Annahme, eine Sanierung- oder Restaurierungsmaßnahme an oder in einem historischen Bauwerk könne dies "für immer" oder "für Jahrhunderte" sichern und erhalten. Als Illustration für die immer wieder auftretende verführerische Hoffnung, ein historisches Gebäude wäre irgendwann "fertig", mag die Äußerung des Kölner Dombaumeisters Karl Eduard Richard Voigtel aus dem Jahr 1902 gelten. Voigtel war überzeugt, der Kölner Dom, der als mittelalterliche Bauruine bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts unvollendet geblieben war, werde nach seiner Fertigstellung 1880 in den nächsten 100 Jahren keiner Restaurierung mehr bedürfen und mit höchstens 13.000 Mark im Jahr problemlos zu unterhalten sein.

Wo immer also historische Bauwerke funktionstüchtig bleiben und in ihrer historischen Gestalt erhalten werden sollen, entstehen Kosten. Es ist angesichts dieser Tatsache erfreulich, dass der Gedanke des Denkmalschutzes immer weitere Verbreitung und Unterstützung erfährt. Zusätzlich ist in Wetzlar Bürgerschaft mit ihrer Hauptkirche traditionell herzlich verbunden. Diese Verbundenheit drückte die sich u. a. auch in der wiederholten Gründung von Dombauvereinen aus. Welche Erwartungen jeweils an diese Vereine gestellt und welche Maßnahmen zur Erfüllung solcher Erwartungen eingeleitet wurden, soll im Folgenden kurz dargestellt werden.